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Deutliche Preiserhöhung für Kakaobauern in Westafrika

  • 27.09.24

Fairtrade-Maßnahmen und deren Wirkung: Ein Bericht zur Preisentwicklung und zu Fairtrade-Initiativen im westafrikanischen Kakaosektor

 Lucy Twenewaa, Kakaobäuerin in Abofrem, Ghana
 Lucy Twenewaa, Kakaobäuerin in Abofrem, Ghana

Die Kakaoindustrie in Ghana und Côte d'Ivoire, die zusammen über 60 % der globalen Kakaoernte liefert, steckt derzeit in einer ernsten Krise. Die Bäuer*innen kämpfen mit den Folgen extremer Wetterbedingungen, Krankheiten auf ihren Feldern und jahrelanger Unterinvestition, die durch die zuvor niedrigen Weltmarktpreise verstärkt wurde. Der jüngste Preisanstieg Ende 2023, verursacht durch massive Ernteausfälle, hat zwar zu einer Erhöhung der Kakaopreise geführt, doch gleichzeitig steigen durch die weltweite Inflation auch Produktions- und Lebenshaltungskosten rasant an.

Ghana reagierte auf diese Situation mit einer Erhöhung des Ab-Hof-Preises um 45 %, während Côte d'Ivoire eine Steigerung von 20 % beschloss. Diese Preise liegen nun über dem Fairtrade-Referenzpreis für existenzsichernde Einkommen (LIRP) – eine wichtige Entwicklung für die Bäuer*innen. Dennoch bleibt es eine Herausforderung, durch den hohen Preis allein ein ausreichendes Einkommen zu sichern, da die Ernteerträge aufgrund der genannten Krisen stark zurückgehen.

Hintergrund

Die derzeit hohen Kakaopreise bieten zwar kurzfristig eine gewisse Entlastung, lösen jedoch nicht die zugrunde liegenden Probleme wie unbeständige Preise, niedrige Produktivität und unsichere Einkommensverhältnisse. Bäuer*innen brauchen daher langfristige Unterstützung, die über hohe Preise hinausgeht.

Fairtrade-Maßnahmen – wie der Mindestpreis, die Fairtrade-Prämie und der LIRP in Kombination mit Fairtrade-Standards und gezielter Unterstützung – sollen den Bäuer*innen ein langfristig stabiles und faires Einkommen sichern. Es braucht zusätzlich Förderung zur Diversifizierung und Anpassung, damit der westafrikanische Kakaosektor auch in Krisenzeiten bestehen kann.

Einzelheiten

Höhere Preise bieten nur teilweise Entlastung
Ab-Hof-Preise, die mindestens auf dem Niveau des LIRP liegen, sind ein wichtiges Element im Fairtrade-Ansatz für existenzsichernde Einkommen. Diese Preise ermöglichen es den Bäuer*innen, notwendige Investitionen in ihre Farmen zu tätigen, die Erträge zu steigern, sich besser an den Klimawandel anzupassen und Einkommensquellen zu diversifizieren. Außerdem hilft ein höherer Preis dabei, den Mitarbeitenden existenzsichernde Löhne zu zahlen und den Arbeitskräftemangel zu verringern, der durch illegalen, aber gut bezahlten Goldabbau in Ghana verstärkt wird. Die jüngste Erhöhung der Ab-Hof-Preise durch die Regierungen ist daher ein motivierender Schritt. Dennoch sorgen hohe Preise bei sinkenden Erträgen nicht automatisch für bessere Lebensbedingungen.

Gründe für den Preisanstieg
Der aktuelle Preisanstieg resultiert aus dem verringerten Kakaoangebot Westafrikas, das durch klimabedingte Ernteausfälle und Krankheitsbefall entstanden ist. Diese Faktoren verdeutlichen, wie anfällig der Kakaosektor bleibt. Auch wenn die Ab-Hof-Preise steigen, drücken niedrige Erträge und gestiegene Lebenshaltungskosten weiterhin auf die Haushaltseinkommen der Bäuer*innen.

Unsicherheit durch schwankende Preise
Bäuer*innen können oft nicht abschätzen, ob künftige Erträge die Produktionskosten decken werden. Das verhindert oft Investitionen zur Steigerung der Produktivität. Fairtrade betont schon lange, dass das zyklische Auf und Ab der Preise für Kleinbäuer*innen problematisch bleibt, weil diese Schwankungen sie in Armut festhalten und die Kakaoindustrie gefährden.

Der Fairtrade-Mindestpreis soll als Sicherheitsnetz bei Preisstürzen dienen, während der LIRP ein stabileres Einkommen schaffen will. So können Bäuer*innen in ihre Betriebe investieren, sich auf den Klimawandel einstellen und aus dem Zyklus von Preisschwankungen ausbrechen.

Zukunftsfragen: Angebot und Regulierung
Ob der aktuelle Preistrend stabil bleibt oder ob die Produktion anzieht und die Preise wieder sinken, ist derzeit ungewiss. Auch neue europäische Vorschriften, die den Schutz der Wälder (EUDR) und unternehmerische Sorgfaltspflichten betreffen, sollen zwar die Nachhaltigkeit fördern, könnten aber auch die Produktionskosten für Kleinbäuer*innen und Unternehmen erhöhen.

Die freiwilligen Referenzpreise für existenzsichernde Einkommen (LIRP) und der verpflichtende Fairtrade-Mindestpreis bleiben bestehen und wirken als Schutzschilde, falls die Weltmarktpreise wieder fallen.

Warum Fairtrade-Initiativen unverzichtbar sind

Fairtrade setzt auf ein umfassendes Maßnahmenpaket, das neben den LIRP und Mindestpreisen noch weitere wichtige Instrumente für eine nachhaltige Einkommenssicherung bietet:

  • Fairtrade-Mindestpreis: Er schafft eine finanzielle Basis, auf die sich Bäuer*innen verlassen können, auch wenn die Weltmarktpreise einbrechen.
  • Fairtrade-Prämie: Diese Prämie wird zusätzlich zum Einkaufspreis gezahlt und unterstützt Kooperativen dabei, ihren Mitgliedern wichtige Dienstleistungen anzubieten, zum Beispiel durch Reinvestitionen in die Produktivität, Diversifikationsinitiativen und Gemeinschaftsprojekte.
  • Planungssicherheit in unsicheren Zeiten: Erhalten Bäuer*innen den LIRP, können sie unabhängiger von Marktschwankungen planen, in ihre Betriebe investieren und nachhaltige Anbaumethoden umsetzen. Der LIRP ist eine freiwillige Zahlung im Fairtrade-System, die von den Partnern getragen wird.
  • Fairtrade-Standards: Die Standards sichern, dass Kakao unter ethisch und ökologisch verantwortungsvollen Bedingungen angebaut und gehandelt wird. Sie fördern gute landwirtschaftliche Praktiken, menschenwürdige Arbeitsbedingungen und den Umweltschutz.
  • Gezielte Unterstützung für Bäuer*innen: Fairtrade bietet durch Programme zur Kapazitätsentwicklung und Schulung gezielte Hilfe an. Das Fairtrade-Kakaoprogramm in Westafrika unterstützt Kooperativen zum Beispiel beim Umgang mit Entwaldung und Menschenrechtsfragen.
  • Langfristige Verträge und Partnerschaften: Verbindliche Mindestpreise und langfristige Beschaffungsverträge schaffen stabile Beziehungen zwischen Käuferinnen und Kakaoproduzentinnen und fördern gemeinsame Investitionen und Risikoteilung.
  • Unterstützung gegen steigende Kosten und neue Auflagen: Durch die Kombination der Fairtrade-Prämie mit den Fairtrade-Standards, die eine faire Verteilung der Regulierungsbelastung sicherstellen, sollen die Bäuer*innen und ihre Kooperativen besser gegen die Kosten neuer Vorschriften wie dem EUDR geschützt werden.

Fairtrade-Empfehlungen

Für nachhaltige und gerechte Veränderungen im Kakaosektor sollten Akteur*innen auf folgenden Wegen unterstützen:

  • Förderung des Fairtrade-Ansatzes: Die Industrie, Regierungen, Schokoladenhersteller und Händler sollten ermutigt werden, Kakao unter Fairtrade-Bedingungen zu beziehen und den LIRP als Basispreis anzuerkennen.
  • Langfristige Verträge und Ko-Investitionen: Stärkere Partnerschaften zwischen Produzent*innen und Käufer*innen durch langfristige Verträge und gemeinsame Investitionen fördern Stabilität und geteilte Verantwortung.
  • Vorbereitung auf neue Regulierung: Unternehmen sollten sich so auf neue Auflagen einstellen, dass Kleinbäuerinnen nicht mit den zusätzlichen Kosten allein gelassen werden. Diese Kosten müssen sich auch in den Preisen niederschlagen, die die Bäuerinnen erhalten.
  • Förderung von Klimaresilienz und Diversifizierung: Programme, die Bäuer*innen helfen, ihre Produktivität zu verbessern, sich an den Klimawandel anzupassen und alternative Einkommensquellen zu schaffen, sind zentral, um die Abhängigkeit vom Kakao zu verringern.