Was bedeutet „Fair“ bei Internationalen Handelsabkommen?
FAIRTRADE Österreich setzt sich seit jeher für den Grundsatz eines positiven Wandels und der Schaffung von Wohlstand durch fairen Handel ein. Wir unterstützen Handelsabkommen ausdrücklich – unter der Voraussetzung, dass sie soziale Gerechtigkeit, Menschenrechte und ökologische Schutzstandards stärken, anstatt sie auszuhöhlen.
In einer Zeit, in der der globale Trend vielerorts in Richtung Protektionismus geht, Zölle erhöht werden und nationale Abgrenzung zunimmt, sind fair und modern gestaltete Handelsabkommen ein wichtiges Signal: Handel kann Brücken bauen, statt neue Trennlinien zu ziehen. Gerade die Schwächsten in globalen Lieferketten dürfen nicht die Leidtragenden einer weltweiten Renationalisierung wirtschaftlicher Interessen sein.
Faire Handelsabkommen haben zudem auch eine politische Komponente: Die EU demonstriert Handlungsfähigkeit, internationale Offenheit und die Fähigkeit, partnerschaftliche Beziehungen mit Drittstaaten zu stärken. Doch diese Signalwirkung kann nur dann positiv sein, wenn der Vertrag auch sozial, ökologisch und entwicklungspolitisch überzeugt.
FAIRTRADE Österreich spricht sich daher für eine grundsätzliche Neugestaltung zukünftiger internationaler Handelsabkommen aus - mit dem Ziel, faire Wettbewerbsbedingungen, wirksame Umweltauflagen und glaubwürdige soziale Standards als gleichwertige Säulen der Handelspolitik zu verankern. Ein modernes Handelsabkommen muss ökonomische Chancen bieten, ohne die Verantwortung gegenüber Menschen und Umwelt auszublenden:
- Handelsabkommen dürfen bestehende Machtungleichgewichte nicht verstärken, weder zwischen dem globalen Norden und dem globalen Süden noch zwischen landwirtschaftlichen Großbetrieben („Factory Farms“) und kleinbäuerlichen Betrieben. Eine mögliche ausgleichende Maßnahme wären EU-Unterstützungsprogramme für kleine Produzenten, die ihnen die Einhaltung der für EU-Exporte geltenden regulatorischen Standards erleichtern würden.
- Jedes EU-Handelsabkommen braucht klar definierte menschenrechtliche und klimapolitische Standards, die nicht nur auf dem Papier stehen, sondern bei Verstößen auch tatsächlich sanktioniert werden können. Ohne diese verbindliche Absicherung verlieren solche Abkommen ihre Legitimation – sowohl für die Menschen im Globalen Süden, die faire Bedingungen einfordern, als auch für die Bevölkerung im Globalen Norden. Denn es sorgt zu Recht für Unverständnis, wenn Konzerne von Handelsvorteilen profitieren, während Arbeitnehmer:innen durch die Verlagerung von Jobs in Länder mit niedrigen Sozial- und Umweltauflagen unter Druck geraten.
- Rechtlich verpflichtende Sorgfaltspflichten für Menschenrechte und Umwelt müssen entlang globaler Lieferketten wirksam umgesetzt werden. FAIRTRADE Österreich unterstützt daher die laufenden Bemühungen zur Einführung und Umsetzung verbindlicher EU-Sorgfaltspflichten, einschließlich des Menschenrechts auf existenzsichernde Einkommen und Löhne.
- Transparenz ist für diesen gesamten Prozess entscheidend. Damit sie gewährleistet ist, braucht es neben den betroffenen Wirtschaftssektoren auch eine konsequente Einbindung der Zivilgesellschaft – und zwar in jeder Phase eines Handelsabkommens: von den Verhandlungen über Konsultationen und Monitoring bis hin zu Beratungsgremien und wirksamen Beschwerdewegen. Gleichzeitig muss der institutionelle Rahmen so gestärkt werden, dass eingebrachte Beschwerden ernsthaft behandelt und, wenn notwendig, auch Sanktionen beschlossen werden können.
- Die Rechte indigener Völker auf Free, Prior and Informed Consent müssen vertraglich in EU-Handelsabkommen verankert werden.
„Internationale Handelsabkommen müssen sowohl ökologische als auch soziale Nachhaltigkeit berücksichtigen. Eine faire Handelspolitik schützt sowohl Menschenrechte also auch die Umwelt entlang globaler Lieferketten und hat das Wohle aller Beteiligten, nicht nur jenes von Unternehmen, im Blick. Um diese Prinzipien in internationalen Handelssystemen umzusetzen, braucht es auch verbindliche Regeln für menschenrechtliche und ökologische Sorgfaltspflichten.“ Mag. Hartwig Kirner, Geschäftsführer FAIRTRADE Österreich