Engpässe bei Bio-Kakao – auch Fairtrade betroffen
Die Umsetzung der Mitte Oktober in Kraft getretenen EU-Bio-Verordnung (EUOR) sowie weitere Faktoren führen derzeit zu einer weltweiten Knappheit an physisch rückverfolgbarem Fairtrade-Bio-Kakao. Fairtrade unterstützt die Kooperativen und bietet Lösungen für seine Partner.
Die EU-Bio-Verordnung hat strengere Anforderungen an Betriebsmittel, Dokumentation und Parallelproduktion eingeführt. Oftmals erfordert dies wirtschaftliche Investitionen von Bäuer:innen, von denen viele ohnehin schon Schwierigkeiten haben, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, um die Vorschriften einzuhalten. Dies zieht bei den Bio-Bauernbetrieben Nachkontrollen, Zertifizierungsstaus und in einigen Fällen die vorübergehende Aussetzung des Bio-Status nach sich. Zudem befinden sich viele Kakao-Kooperativen in der Umstellungs- oder Rezertifizierungsphase. Infolgedessen sinken die kurzfristig verfügbaren Mengen an Fairtrade-Kakao, der bio-konform zertifiziert ist. Fairtrade hat sich in Vergangenheit wiederholt für eine Vereinfachung der EUOR ausgesprochen, um Dezertifizierungen der Betriebe und hohe Kosten für die Bäuer:innen zu verhindern.
Klimatische Belastungen wirken sich ebenfalls negativ auf die Erträge aus und führen vermehrt zu einer Ausschliessung aufgrund der Kakaoqualität. Gleichzeitig führen unbeabsichtigte Pestizidrückstandsfunde, häufig verursacht durch Abdrift von Nachbarn, die nicht nach biologischen Standards arbeiten oder gemeinsam genutzte Geräte, dazu, dass Bäuer:innen die Bio-Spezifikationen verfehlen. Besonders betroffen sind Lieferungen aus Peru, Ecuador, der Dominikanischen Republik und Sierra Leone.
Fairtrade unterstützt Kooperativen und Handelspartner
Fairtrade arbeitet sehr eng mit den Kooperativen zusammen und bietet Schulungen und Webinare an, in denen die Vorschriften der Europäischen Bio-Verordnung erklärt werden. Fairtrade und die Produzentennetzwerke vor Ort unterstützen auch Kooperativen, die eine Rezertifizierung benötigen. So können neue Lieferungen schnellstmöglich auf den Markt kommen.
Viele Fairtrade-Partner, auch in der Schweiz, greifen aktuell noch auf bestehende Lagerbestände von Bio-Fairtrade-Kakao zurück. Sie stehen aber unter immensem Druck, neue physisch rückverfolgbare Rohstoffe zu beschaffen. Aktuell gibt es fast kein Angebot von segregiertem Bio-Fairtrade-Kakao mehr. Die Situation wird sich frühestens bei der nächsten Ernte entspannen.
Fairtrade International hat deshalb eine befristete Ausnahmeregelung bis zum 15. September 2026 beschlossen. Wenn kein physisch rückverfolgbarer Fairtrade-Bio-Kakao verfügbar ist, darf auf Fairtrade-Kakao mit Mengenausgleich zurückgegriffen werden. Auf Grundlage dieser Ausnahmebewilligung wird von Seiten Fairtrade keine Anpassung oder Ersatz bereits produzierter Verpackungen mit Hinweis auf rückverfolgbaren Bio-Kakao verlangt. Unabhängig davon bleibt die Einhaltung geltender gesetzlicher Vorschriften in der Verantwortung der Unternehmen. Zudem müssen Unternehmen transparent auf einem geeigneten Kanal (bsp. der Website) darauf hinweisen, dass der Kakao aus Mengenausgleich stammt. Sollte sich die Situation nicht verbessern, müssen Verpackungen spätestens per Mitte September 2026 angepasst worden sein.